Michael


Doppelter Bypass

"Die Narbe erinnert mich daran, wie viel Glück ich hatte."

Im Juni 2024 unterzieht sich Michael, 64 Jahre alt, einer doppelten Bypass-Operation – ein Eingriff, der nicht nur seinen Körper, sondern auch sein Leben verändert. Doch die Symptome seiner Herzerkrankung beginnen viel früher. Bereits 2023 fühlt er sich oft erschöpft und angeschlagen. „Ich war ständig müde, aber ich habe trotzdem versucht, aktiv zu bleiben“, erinnert er sich.

Ein Wendepunkt kommt im Dezember: Nach einer Corona-Infektion ist Michael völlig erschöpft. Selbst kleine Spaziergänge sind unmöglich. Anfang 2024 beginnt eine monatelange Ärzte-Odyssee – Kardiologe, Lungenfacharzt, Internist, Psychologin. Doch die Untersuchungen bleiben ohne klare Diagnose. Auch Long-Covid oder Burnout standen im Raum.

Erst Mitte Mai bringt eine Herzkatheter-Untersuchung Klarheit – und einen Schock: Während des Eingriffs erleidet Michael einen kurzen Herzstillstand und muss reanimiert werden. Die Diagnose: Lebensgefährlich verstopfte Arterien. Eine Bypass-Operation ist unvermeidbar.

„Das Ergebnis innerhalb der Familie mitzuteilen viel mir schwer, weil ich es selbst sehr schwer verarbeiten konnte“, erzählt Michael mit zittriger Stimme. Die Diagnose den Menschen, die ihm am nächsten stehen, zu erzählen, war eine große Herausforderung und psychische Belastung.

Die sechs Wochen bis zur Operation sind geprägt von Angst und Unsicherheit. Wie viel Bewegung ist erlaubt? Wie groß ist das Risiko eines Herzinfarkts? Am Tag des Eingriffs wird sein Brustkorb geöffnet, seine verkalkten Arterien ersetzt.

Nach der OP ist Michael wochenlang geschwächt. „Ich konnte mich anfangs nur mit einem Rollator bewegen“, sagt er. Doch Schritt für Schritt kämpft er sich zurück. Seit Oktober arbeitet er wieder zu 100 %. Davor fand eine langsame Eingliederung statt. Er treibt Sport, hat seine Ernährung umgestellt und fühlt sich auf einem guten Weg.

Die Narbe auf seiner Brust sieht er mit Gelassenheit: „Die Narbe selbst ist weder schlimm noch ein Makel. Sie ist einfach da. Punkt.“ Viel schwieriger sei es gewesen, die körperlichen und emotionalen Folgen des Eingriffs zu verarbeiten: „Was schon einen bleibenden Eindruck hinterlassen hat ist, dass der komplette Brustraum geöffnet, auseinander gezogen, das Herz rausgeholt und zur Seite gedreht wurde, um dort die Arterien anzunähen, dann wieder reingelegt und verdrahtet wurde“.

Trotz allem blickt Michael heute mit Dankbarkeit auf seine Erfahrung zurück: „Wenn das Herz nicht mehr durchblutet wird, schlägt es irgendwann nicht mehr. Von daher kann ich dankbar sein, dass es diese Möglichkeit gibt und es bei mir auch so gut verlaufen ist.“

„Der Vorteil der Narbe ist glaube ich, dass man regelmäßig daran erinnert wird was mal war. Wenn man den Eingriff ohne Narbe hätte, würde man vielleicht schneller in alte Gewohnheiten verfallen. Die Narbe erinnert schon daran, dass ich viel Glück gehabt habe. Auch, dass ich kein Herzinfarkt bekommen habe, wie viele andere in meiner Situation.“




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