Nina


Kaiserschnittnarbe als Erinnerung an verstorbenen Sohn

Mit einer Offenheit, die mich nahezu sprachlos gemacht hat, hat sich Nina an mich gewandt, um sich zu zeigen und das Schweigen in der Gesellschaft zu brechen. Denn sie selbst weiß längst, dass Reden heilt.

„Ich kann mal besser und mal schlechter darüber sprechen.“ begann sie mutig und so tapfer, mir ihre Geschichte zu erzählen.

Weil sich ihr Baby auch nach 10 Tagen über dem errechneten Entbindungstermin, nicht auf den Weg gemacht hatt, wurde die Geburt eingeleitet. Nach drei kraftraubenden Tagen und 13 Stunden Wehen, die durch einen Wehentropf ausgelöst wurden, hat Nina den Rat des medizinischen Personals, ihren Sohn per Kaiserschnitt auf die Welt zu holen, dankend angenommen. Ja, sie hat sich eine natürliche Geburt gewünscht, doch „es war ausreichend für mich“ sagt sie ehrlich, in dem Wissen, dass es die beste Entscheidung für sie und ihr Baby war, die in diesem Moment getroffen werden konnte.

Es hat ein paar Tage gedauert, bis Nina sich so aufrichten konnte, dass sie ihre Kaiserschnittnarbe sehen konnte, zu diesem Zeitpunkt noch nicht wissend, was ihr bevorstehen und was diese Narbe ihr einmal bedeuten würde…

„Hannes hat häufig gespuckt und es hörte nicht auf. Der zuerst vermutetet Infekt schien nicht zu enden.“ Ein MRT brachte dann im Februar 2021, nur wenige Monate nach der Geburt, die Gewissheit für Nina und ihren Mann. Die Diagnose: Ein faustgroßer Hirntumor. Eine Form, die sehr selten vorkommt und schwer zu behandeln ist.

Es folgten Maßnahmen und eine Operation, bei der der Tumor zu 95% entfernt werden konnte. Die Chemotherapie war durch Nebenwirkungen begleitet. „Es ist unvorstellbar, wie viel Kraft er hatte“, erinnert sich Nina.

Nach zuerst guter Hoffnung, kam der Tumor zurück. „Es war alles wieder da“ bestätigte die Befundbesprechung erneuter MRT Bilder und bedeutete somit, dass keine Heilungschancen bestünden. Nina und ihre Familie bekamen ein Palliativteam an die Seite, dass sie zwei Wochen lang zu Hause begleitete. Dank engmaschig verabreichter Schmerzmittel konnte Hannes eines morgens im Juli während er schlief, friedlich gehen.

„Mein Mann und ich, wir trauern gleich“ verrät Nina und vermutet, dass das ein Grund dafür ist, weswegen sie es geschafft haben, einen guten Weg zu finden, Geschehenes gemeinsam zu verarbeiten und nach vorne zu blicken.

Auf ihre Kaiserschnittnarbe ist Nina stolz. Sie ziept bei wechselndem Wetter und das wird vermutlich bleiben, ebenso wie der Stolz auf ihre Narbe.

„Die Narbe ist eine Verbindung, der letzte Handabdruck“, der ganz fein die Erinnerungen an ihrem Körper unterstreicht.




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